Kwangena Thina Bo oder wie ein Lied eine Insel erobert
Wer beim Benefizkonzert war, hat die Magie und Lebensfreude dieses Liedes erlebt und von diesen Eindrücken geprägt begaben wir uns drei Wochen später auf den Weg nach Sardinien. 61 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Herrn Kammel und unsere inzwischen schon reiseerprobte Pianistin Alwina Meissner hatten die Koffer gepackt. Begleitet wurden wir von Sylvia Lohse, die die Reise in vielen Stunden organisiert hat, dem Ehepaar Bergamasco und Daniela Burkart. Würde man von den erlebnisreichen 10 Tagen an dieser Stelle ausführlich berichten, würden sich in diesem Heft keine anderen Artikel mehr finden.
Deshalb nur ein paar kurze Eindrücke:
Unsere Reiseroute war so geplant, dass wir für die ersten 2 Konzerte unsere Unterkunft in Dorgali, einem kleinen Bergdörfchen im Osten der Insel hatten. Danach ging es in die von Agrarwirtschaft geprägte Ebene um das Dorf Arborea herum, an der Westküste gelegen. Die touristisch attraktivste Stadt, die wir besuchten, war anschließend Alghero im Nordosten der Insel, das katalanisch geprägt ist. Dort wohnten wir auf einem Campingplatz und versorgten uns selbst (Kinderdisco: „Kwangena…“). Der Abschluss machte die Studentenstadt Sassari, nicht weit von Alghero.
Über Land und Leute und über die Geschichte und Kultur der Insel erfuhren wir natürlich so einiges unterwegs. Ein besonderes Erlebnis war hier sicher die organisierte Landrover-Tour in das einsame, wilde Supramonte-Gebirge (kein Handy-Empfang!!!). Dort besichtigten wir eine Quelle und einen 3000 Jahre alten Tempel der überall auf der Insel präsenten Nuraghenkultur. Anschließend wurden wir unter einem alten Olivenbaum von Schäfern mit einem mehrgängigen Menü bewirtet. Schaf-Ricotta mit Distelhonig auf dem typisch sardischen Brot, dem Pane Caracau. Dies ist hauchdünn und sehr knusprig, lecker! Dazu gab es noch feinste Käsesorten, frisches Obst und Gemüse und zum Leidwesen unserer Vegetarier, aber tatsächlich für alle anderen ein kulinarischer Hochgenuss: Spanferkel! Ein absoluter Höhepunkt waren die Canto a Tenori, die nach dem Essen ihre Kunst präsentierten. Ein Vorsänger und drei eng beieinanderstehende Tenori, die eine Art Obertongesang erzeugten, präsentierten ihre Musik, die Unesco-Weltkulturerbe ist und wirklich archaisch anmutet. Ein unvergesslicher Moment, wie unserer Jungs sich anschließend daran versuchten!
Die 5 Konzerte (in Sinsicola, Nuoro, Arborea, Alghero und Sassari) auf der Reise waren geprägt von der Begegnung mit sardischen Chören, hauptsächlich Jugendliche in unserem Alter. Dies war für uns sicherlich ein besonderes Erlebnis, da wir auf diese Weise Land und Leute ganz anders kennenlernten, als es bei einem normalen Urlaub möglich ist. Als Konzertprogramm hatten wir anspruchsvolle sakrale Musik im Gepäck, da wir hauptsächlich in Kirchen sangen. Alle unsere Konzerte, die gut besucht waren, wurden von den Konzertbesuchern mit Standing Ovations und langanhaltendem Applaus belohnt! Nach den Konzerten entließen wir mit einer neuen Tradition die Besucher nach Hause: Nathi packte die Djembe aus und wir sangen und tanzten vor den Kirchen „Kwangena Thina Bo“, unsere neue heimliche Hymne. Schöner kann man Konzertbesucher nicht verabschieden...
Besondere Begegnungen waren die zwei Chorworkshops. In Nuoro fand der erste mit vier sardischen Jugendchören statt. Diese hatten das Stabat mater von Jenkins hervorragend vorbereitet und so wurde das gemeinsame Singen gleich zu einem Erlebnis. Natürlich brachten wir ihnen auch unser „Kwangena Thina Bo“ bei, was sofort für leuchtende Augen und strahlende Gesichter sorgte. Das gemeinsame Konzert am Abend, war das einzige, das nicht in einer Kirche war, sondern im schönen Saal der Musikschule. Hier konnten wir auch noch ein wenig von unserem Pop-Repertoire des Benefizkonzerts zeigen.
Unser zweiter Workshop war in Arborea, einem kleinen, etwas unscheinbaren Dörfchen. Aber wie wir auf Sardinien öfter feststellen durften: hinter einer Fassade, von der Putz abblättert, verstecken sich oft die interessantesten Locations. Der örtliche Chor hatte sich ein Lied von uns gewünscht, das auch wir schon lange nicht mehr oder manche sogar noch gar nie gesungen hatten: „For the Beauty of the Earth“ von John Rutter. Beide Workshops zeigten uns, wie die Musik der Türöffner zu fremden Menschen ist. Ein Junge erzählte Giovanni Bergamasco nach dem Workshop und Konzert begeistert: „Dies war der schönste Tag in meinem Leben!“ Diese Empfindungen können wir nur teilen und die Kontakte vertieften wir dann immer gerne bei den gemeinsamen Festen nach den Konzerten.
Vielen Dank an dieser Stelle an Familie Bergamasco für die Begleitung auf der Reise, für das Übersetzen und für die große Hilfe bei der Vorbereitung! Ohne euch wäre es nicht gegangen!
Damit sind wir auch schon bei einer herausragenden Erfahrung der Reise: Die Gastfreundschaft! Nach jedem Konzert wurden wir von den Menschen vor Ort bewirtet. Es hat uns tief berührt, wie viel Mühe sich die sardischen Frauen für die Herstellung der unzähligen Dolci (Weihnachtsgutsle sind nichts dagegen!) und die Männer beim Drehen des Grillspießes gegeben haben. Es wurde regelmäßig ein großes buntes Fest daraus, auf dem gemeinsam gesungen, getanzt und gelacht wurde, natürlich auch immer mit dabei: „Kwangena Thina Bo“.
Eine Recherche nach der Reise, was der Liedtext, den wir da in die Welt getragen haben, denn eigentlich bedeutet, hat Folgendes ergeben: „Wir traten ein, es gab viel Wind!“ Dieser Text passt doch gut zu einem Lied, das uns oft der „Türöffner“ in die Herzen der Menschen war. Wir hoffen, wir haben etwas Wind gemacht, auf jeden Fall nehmen wir alle viel frischen Wind aus dieser Reise heraus mit in unseren Alltag!
Emilia Burkart 10b
Hier gibt es noch mehr Bilder und Informationen zur Reise:
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